Gießen, 23.08.2021 – Der Bierschnegel ist eine Schneckenart, die in Hessen lange Zeit als verschollen galt. Nachdem er 2019 in Steinau im Main-Kinzig-Kreis erstmals wiederentdeckt wurde, gab es auch danach nur sehr wenige weitere Nachweise. Überraschend war daher im Mai 2021 der Fund von Bürgerinnen und Bürgern in Hungen im Landkreis Gießen: Eine Familie hat das seltene Tier dort an einem Abfluss-Kanal entdeckt und dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) gemeldet. Gemäß der deutschen Roten Liste der Binnenmollusken, das heißt weichen, wirbellosen Tiere fernab der Küste, ist der Bierschnegel als extrem selten und „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Das HLNUG bittet daher darum, besonderes in feuchten Sommernächten Ausschau zu halten und Sichtungen zu melden.
Der Bierschnegel ist eine große Nacktschnecke, die bis zu zehn Zentimeter lang wird. Sein Name leitet sich von seinem Lebensraum ab: Das Tier kann in feuchten alten Kellern und Gewölben – traditionell Bierkellern oder Vorratskellern – oder aber auch im Bereich alter bewachsener Naturstein-Mauern, Parkanlagen oder auch Abwasserkanälen, Schächten, teils auch Betonmauern vorkommen. Es ernährt sich außerdem überwiegend von Pilzen und Pflanzenmaterial und ist an den blauen bis blaugrauen Fühler sowie einem gelblich, leicht gefleckten Körper zu erkennen.
Die Art gilt als nachtaktiv. Wer sie beobachten möchte, sollte daher am besten in warmen und feuchten Nächten, auch bei mildem Herbstwetter, während oder nach Regenfällen auf die Suche gehen. Vielversprechend sind vor allem Ortsbereiche, die noch über alte Bausubstanz verfügen.
Als ursprüngliches Verbreitungsgebiet des Bierschnegels (Limacus flavus) vermuten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Südeuropa. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Art bereits mit den Römern weit verschleppt wurde.
Durch Sanierungsarbeiten in Siedlungsräumen sowie veränderte Hygienevorgaben ist der Lebensraum des Bierschnegels, der hier durch den Menschen entstanden ist, vielerorts wieder verschwunden. Viele ehemalige Populationen gelten als erloschen. Aktuell liegen bundesweit meist nur vereinzelte Nachweise vor. Da der Bierschnegel nur nachts aus seinem Versteck kommt, wird er möglicherweise auch oft übersehen.
Bürgerinnen und Bürger können dem HLNUG Sichtungen und Fundmeldungen des Bierschnegels mit Foto per E-Mail an naturschutz[at]hlnug.hessen.de melden und so dazu beitragen, die Datenlage zu dieser Nacktschnecke in Hessen zu verbessern.
Weitere Informationen zum Artenmelden:
https://www.hlnug.de/themen/naturschutz/tiere-und-pflanzen/arten-melden