Wildkatzen-Expertenrunde 2021
Rund 50 interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich am 26.10.2021 online zur 5. Hessischen Wildkatzen-Expertenrunde und verfolgten interessiert das breite Spektrum an Themen:
Über die Aktivitäten des BUND Hessen, insbesondere die Lockstock-Untersuchungen im Taunus und im Hessischen Bergland im Rahmen des bundesweiten FFH-Monitorings der Wildkatze berichtete Susanne Steib (BUND). An insgesamt 100 Lockstöcken sammelten zahlreiche engagierte Forstleute, Jägerinnen, Jäger und ehrenamtlich Tätige über zehn Wochen hinweg eine unerwartet hohe Anzahl Haarproben von Wildkatzen. Frau Steib präsentierte zudem die BUND Schilder-Kampagne „Wildkätzchen im Wald lassen“. Waldbesucherinnen und Waldbesucher werden über die Verwechslungsgefahr von jungen Haus- und Wildkatzen aufgeklärt und dazu aufgefordert, kleine Kätzchen in Ruhe zu lassen und nicht mitzunehmen.
Stefanie Huck (Retscheider Hof) stellte eine besondere Variante des Wildkatzen-Totfundmonitorings vor: die sozialen Medien. Verunfallte Wildkatzen werden von Finderinnen und Findern oft mit Hauskatzen verwechselt. Wird für die vermeintliche Hauskatze im Netz die „Besitzerin“ oder der „Besitzer“ gesucht, können die zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeitenden des Projekts auf den Fotos Wildkatzen-Verdachtsfälle identifizieren. Ggf. kann eine genetische Untersuchung initiiert werden.
In einem weiteren Vortrag beschrieb Frau Huck anschaulich, was beim Fund von verletzten Wildkatzen oder verwaisten Jungkatzen bei der Erstversorgung beachtet werden sollte – zum Schutz der Katze und zum Schutz der Person, die sich um sie kümmert. Idealerweise wird das Tier möglichst schnell in erfahrene Hände übergeben und in einer abgedunkelten stabilen Box transportiert.
Olaf Simon (Institut für Tierökologie und Naturbildung) präsentierte die populationsgenetischen Langzeituntersuchungen an der Wildkatze im Nationalpark Kellerwald-Edersee und seinem Umfeld. Seit 2007 wird im Nationalpark ein kontinuierliches Lockstock-Monitoring durchgeführt. So konnte zum Beispiel die Entwicklung der lokalen Wildkatzen-Population, der Nachweisdichten und des Geschlechterverhältnisses dokumentiert werden. Die Teilnehmenden der Expertenrunde staunten sowohl über das hohe Mindest-Lebensalter von einzelnen Wildkatzen, die wiederholt nachgewiesen werden konnten, als auch über die räumliche Verteilung der Nachweisorte von Individuen.
Über eine laufende Studie zum möglichen Einfluss von Windenergieanlagen auf die Populationsdichte der Wildkatze im Kaufunger Wald informierte Dr. Markus Port (Georg-August-Universität Göttingen). In dem Projekt werden Wildkatzen mit Wildkameras fotografiert, anhand von Fellzeichnung und anderer äußerer Merkmale individuell unterschieden und so die Populationsdichte geschätzt. Die Untersuchungen werden in mehreren Jahren durchgeführt: vor dem Bau der Windkraftanlagen, während der Bauphase und nach dem Bau, und zwar sowohl im Untersuchungsgebiet als auch in einem Referenzgebiet.
Teresa Fee Nava (Justus-Liebig-Universität Gießen) stellte eine laufende Untersuchung zum Raumnutzungsverhalten der Wildkatze in der Hörre vor. Mit Hilfe von GPS-Halsbändern werden Barrierewirkung und Querungsmöglichkeiten von Landstraßen, Bundesstraßen und der Autobahn 45 für Wildkatzen erfasst. Auch die Bedeutung des (waldnahen) Offenlandes als Lebensraum oder Barriere für Wildkatzen sowie die Bedeutung von Naturschutzmaßnahmen im Wald für den Lebensraum der Wildkatze werden untersucht. Außerdem werden einzelne verwaiste Jungkatzen telemetriert, wenn sie wieder freigelassen werden.
Der Kreis der Teilnehmenden der Wildkatzen-Expertenrunde umfasst Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im Totfundmonitoring des HLNUG/HessenForst, Projektpartner des BUND und Vertreterinnen und Vertreter von: HessenForst, Nationalpark Kellerwald-Edersee, Institut für Tierökologie und Naturbildung, Justus-Liebig-Universität Gießen, Georg-August-Universität Göttingen, Forschungsinstitut Senckenberg, Wildtierstationen, Opel-Zoo, Obere Naturschutzbehörden, Untere Naturschutzbehörde Marburg, Hessen Mobil, Jagdverbände, NABU Hessen, HGON, Naturschutzring Ehringshausen, Biosphärenreservat Rhön, hessische Wildkatzenexpertinnen und -experten, BUND und HLNUG
Die Veranstaltung wird gemeinsam vom BUND und dem HLNUG organisiert. 2021 fand sie online statt mit Unterstützung der Naturschutz-Akademie Hessen.
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