Bioindikation Flechten

Wand-Gelbflechte (Xanthoria parietina), ein Anzeiger für Eutrophierung
Flechten reagieren besonders empfindlich auf Umweltveränderungen. Vor allem auf Baumrinde lebende Flechten lassen sich als aussagekräftige Bioindikatoren für Luftverunreinigungen und Klimaveränderungen nutzen. Daher kann man die Immissionsbelastung der Luft, physikalisch-chemische Luftschadstoffe sowie Veränderungen des Klimas auch über die Methode der Flechtenkartierung erfassen.
Flechtenkartierung
Neben anderen Organismen sind auch Flechten Indikatoren für den Klimawandel. Im Auftrag des HLNUG wurde bereits im Zeitraum 1990 bis 1993 eine hessenweite Flechtenkartierung unter der Leitung von Herrn Prof. Kirschbaum (ehemals: Fachhochschule Gießen-Friedberg) durchgeführt. Die Ergebnisse wurden mit Klima-Parametern korreliert. Da Flechten im Gegensatz zu vielen höheren Pflanzen auch im Winterhalbjahr stoffwechselaktiv sind, haben ihre Aussagen Gültigkeit für das ganze Jahr.
Die Ergebnisse der Untersuchung sind in einem ausführlichen Bericht [Kirschbaum, U., Hanewald, K.: Flechten als Anzeiger der Luftgüte und des Klimawandels, Wiesbaden, 2009] nachzulesen.
Flechten-Dauerbeobachtung im ländlichen Raum
An den hessischen Dauerbeobachtungsflächen (DBF) werden in regelmäßigem Turnus alle 5 Jahre Flechtenkartierungen durchgeführt. Dabei werden zum einen Flechten zur Beurteilung der lufthygienischen Situation erfasst, aber auch solche, die besonders auf Veränderungen des Klimas reagieren und somit für die Bioindikation von Klimawandel herangezogen werden können.
Die Ergebnisse der Erhebung aus dem Jahr 2012 finden sich im Bericht „Dauerbeobachtung von Flechten in Hessen 2012“. Die neuesten Ergebnisse aus der Kartierung 2017 finden Sie im Bericht „Dauerbeobachtung von Flechten in Hessen 2017“.
Flechtenkartierung in Städten
Bereits seit dem Jahr 1970 werden in den Städten Gießen und Wetzlar immissionsbezogene Flechtenkartierungen durchgeführt. Bisher liegen Ergebnisse aus sechs Jahren zwischen 1970 und 2015 vor. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die lufthygienische Situation in diesem Zeitraum kontinuierlich in beiden Städten verbessert hat. Die Artenzahl der zurückkehrenden Flechten stieg an, darunter auch gegenüber Immissionsbelastungen empfindliche Spezies. Gleichzeitig jedoch zeigt sich ein deutlicher Anstieg von Arten, die durch eutrophierende Luftschadstoffe begünstigt werden. Neben den immissionsbezogenen Flechtenkartierungen werden mittlerweile auch Flechten als Anzeiger des Klimawandels erfasst. In der aktuellen Untersuchung wurden verstärkt Arten nachgewiesen, die als Wärmezeiger gelten. Aufgrund der hervorragenden Dokumentation der Originaldaten aus früheren Erhebungen sind auch Auswertungen für zurückliegende Zeiträume möglich, die durch historische Recherchen und Flechtenaufsammlungen aus sehr früher Zeit (von vor 300 Jahren) ergänzt werden. Alle Ergebnisse können in einem ausführlichen Bericht [Kirschbaum, U.: Umweltbewertung mit Hilfe von Flechtenkartierung in Wetzlar und Gießen, 2016] nachgelesen werden.
Eine weitere Veröffentlichung beschäftigt sich mit der Wirkungsermittlung von Stadtklimaeffekten auf Biota anhand von Flechten. Ziel dieser Arbeit ist es, eine Methode zu entwickeln, um die Wirkungen des Stadtklimas auf Biota nachzeichnen zu können. Das Stadtklima wird dabei verstanden als ein vom Umland unterschiedenes lokales Klima, das durch eine städtische Wärmeinsel mit einer erhöhten Luftschaftstoffkonzentration gekennzeichnet wird.