Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden
Anhand der DIN 4150-2 kann beurteilt werden, ob potentiell belästigende Schwingungseinwirkungen als erheblich belästigend für den Menschen einzustufen sind. Hierbei gibt es quellenspezifische Regelungen, da der Charakter einer Erschütterung in der Regel unterschiedlich belästigend wahrgenommen wird. Beispielsweise werden relativ starke Erschütterungen durch Sprengungen, die nur wenige Male in der Woche stattfinden, im Allgemeinen als weniger belästigend empfunden als relativ schwache dafür aber ständig andauernde Erschütterungen.
Beurteilungsgrößen
Zur Beurteilung der Erschütterungseinwirkungen wird die maximale bewertete Schwingstärke KBFmax und ggf. die Beurteilungs-Schwingstärke KBFTr für die Beurteilungszeiten tags und nachts bestimmt. Treten Erschütterungen in Ruhezeiten auf, so sind diese gesondert zu erfassen.
Die KB-Werten sind bewertete Erschütterungsgrößen, die an das Erschütterungsempfinden des Menschen angepasst werden. Hierbei handelt es sich um eine Bewertungskurve, die sich aus den Bewertungen im Stehen und im Sitzen zusammensetzt. (siehe VDI 2057 Blatt 2: 1987-05, Abschnitt 5).
Der KBFmax-Wert ergibt sich aus dem größten gemessenen KBFTi-Wert, die der Erschütterungsquelle zugeordnet werden kann. Die Beurteilungsschwingstärke K BFTr berechnet sich nach der nachfolgenden Gleichung.
mit:
KBFtr | Beurteilungs-Schwingstärke |
---|---|
Tr | Beurteilungszeit tags 16 h, nachts 8h |
Te1 | Einwirkzeit außerhalb der Ruhezeiten |
KBFTm1 | Taktmaximal-Effektivwert außerhalb der Ruhezeiten |
Te2*) | Einwirkzeit innerhalb der Ruhezeiten werktags von 6:00 bis 7:00 Uhr und 19:00 bis 22:00 Uhr sonn- und feiertags von 6:00 bis 22:00 Uhr |
KBFTm2 | Taktmaximal-Effektivwert innerhalb der Ruhezeiten |
*) Hier sind die quellenspezifischen Regelungen zu beachten, z.B. für Straßen- und Schienenverkehr ist Te2 = 0 zu setzen
Beurteilungsverfahren
Im Allgemeinen Beurteilungsverfahren sind die Beurteilungsgrößen zu ermitteln und mit den Anhaltswerten der Tabelle 1 zu vergleichen. Hierbei ist nach dem Schema von Abbildung 3 vorzugehen. Werden die Anforderungen der Norm eingehalten, so liegt im Allgemeinen keine erhebliche Belästigung durch Erschütterungen vor.
*) Für seltene Einwirkungen gelten die Kriterien nach 6.5.1 der DIN 4150-2
Für den Schienenverkehr im ÖPNV gelten um den Faktor 1,5 angehobene Au- und Ar–Werte.
Für Baustellenerschütterungen gelten besondere Regelungen. Grundsätzlich gilt für Bausprengungen unabhängig von ihrer Anzahl ein oberer Anhaltswert von Ao=8. Für sonstige Bauarbeiten, die die Anhaltswerte der Tabelle 1 für den Tag überschreiten, gelten die Anhaltswerte der Tabelle 2. Hierbei ist mit der Anzahl der Tage D nicht die Dauer der Baustelle gemeint, sondern die Tage mit erschütterungsintensiven Arbeiten, die Immissionen über den Anhaltswerten der Tabelle 1 verursachen. Nachts gelten die Anhaltswerte der Tabelle 1.
Die Akzeptanz von Bauerschütterungen kann erhöht werden, wenn Maßnahmen durchgeführt werden, die beispielsweise in Kapitel 6.4 in „Hinweise zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungsimmissionen (Beschluss des Länderausschusses für Immissionsschutz vom 10. Mai 2000)“ genannt werden. Diese sind:
- Umfassende Information der Betroffenen z. B. über die Maßnahmen, die Verfahren, die Dauer und die zu erwartenden Erschütterungen aus dem Betrieb.
- Aufklärung über die Unvermeidbarkeit von Erschütterungen und die damit verbundenen Belästigungen sowie Empfehlungen über Verhaltensweisen zur Minderung von Erschütterungswirkungen auf die Betroffenen.
- Einrichtung einer Anlaufstelle für Beschwerden.
- Zusätzliche betriebliche Maßnahmen zur Minderung und Begrenzung der Belästigungen (Pausen, Ruhezeiten usw.).
- Nachweis der tatsächlich auftretenden Erschütterungen durch Messungen sowie deren Beurteilung bezüglich der Einwirkungen auf Menschen und Gebäude.
- Nachweis des Nichtentstehens von Gebäudeschäden durch Beweissicherung.
Die Beurteilung von zeitlich begrenzten Erschütterungseinwirkungen durch Baustellen erfolgt in den drei Stufen I, II und III (siehe auch DIN 4150-2 Nr. 6.5.4.2 Buchst. a) bis c)): Bei Unterschreitung der Stufe I ist nicht mit erheblichen Belästigungen zu rechnen. Liegen die Erschütterungen zwischen den Immissionswerten der Stufen I und II und sind die unter Nr. 6.4, Ziffern 1 bis 4 aufgeführten Maßnahmen durchgeführt, liegen ebenfalls in der Regel keine erheblichen Belästigungen vor.
Überschreiten die Erschütterungseinwirkungen jedoch die Stufe II, so können die unter Nr. 6.4 beschriebenen Maßnahmen dazu beitragen, die unvermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Mit zunehmender Überschreitung der Stufe II nimmt die Wahrscheinlichkeit erheblicher Belästigungen trotz ergriffener Maßnahmen zu. Solange die Stufe III aber nicht überschritten wird, können die Pflichten des Betreibers als erfüllt angesehen werden, wenn alle im Einzelfall anwendbaren Maßnahmen nach 6.4 getroffen werden.
Sofern nicht bereits bei Überschreitung der Stufe II ein erschütterungsärmeres Bauverfahren gewählt wurde, gewinnt diese Maßnahme bei Überschreitung der Stufe III besondere Bedeutung, da von dieser Schwelle an auch aufwendige, aber weniger erschütterungsintensive Bauverfahren zunehmend als verhältnismäßig anzusehen sind.