Fließpfadkarten für hessische Kommunen
Welche Straßen oder Plätze sind bei Starkregen besonders gefährdet? Gibt es in Ihrer Kommune kritische Bereiche wie Krankenhäuser, Altenheime etc., die in einem Überflutungsbereich liegen? Gibt es starke Hangneigungen bei landwirtschaftlichen Flächen, von denen das Wasser in den Ort fließt?
Kommunale Fließpfadkarten eignen sich für kleinere Ortschaften oder Ortsteile, besonders im ländlichen Raum. Sie zeigen (in einer Auflösung von 1 m²) eine erste Übersicht der potenziellen Fließpfade, die das Regenwasser bei einem Starkregenereignis nehmen würde.
Einbezogen werden Hangneigungen in unterschiedlichen Abstufungen, Landnutzungen und Gebäudeinformationen. Die Fließpfade werden mit einem Puffer von 20 m dargestellt, um die Gefährdung von Gebäuden oder anderer Infrastruktur besser sichtbar zu machen. Die Wirkungen von Gräben, Durchlässen und der Kanalisation sind in der Regel nicht berücksichtigt, so dass diese Karten für städtisch geprägte Flächen nicht herangezogen werden sollten.
Für die Erstellung der Fließpfadkarten werden folgende Datengrundlagen verwendet:
- Digitales Geländemodell (5 m² und 1 m²)
- Gebäudegrundrisse (ATKIS Daten)
- Landwirtschaftliche Nutzflächen (ALKIS Daten)
Diese Daten liegen hessenweit vor. Der verwendete Stand der Daten wird mit den Karten mitgeliefert. Sollten sich in der Zwischenzeit Bebauung oder Landnutzung verändert haben, muss das bei der Interpretation der Karten berücksichtigt werden. Bei landwirtschaftlichen Flächen wird nur zwischen Grünland und Ackerflächen unterschieden, eine weitere Differenzierung nach Feldfrüchten erfolgt nicht. Bei Ackerflächen wird in den Karten angenommen, dass die Bearbeitung hangparallel erfolgt.
Fließpfade entstehen erst durch Taleinschnitte. Wenn keine Hangneigungen vorhanden sind, muss auch die Aussagekraft der Fließpfade gering bleiben. Zudem muss geprüft werden, ob das Kanalnetz einen wesentlichen Einfluss auf die Fläche hat. Wenn das Kanalnetz einen erheblichen Teil des Wassers auch im Fall von Starkregen ableiten kann, ist auch hier die Aussagekraft der oberirdischen Fließpfade gering. Fließpfadkarten sind daher vor allem in ländlichen Gebieten sinnvoll, die durch größere Geländeunterschiede geprägt sind.
Bei den erstellten Fließpfadkarten handelt es sich um eine modellhafte Darstellung. Es ist zu beachten, dass ein Modell niemals 1:1 der Realität entspricht. Daher hat auch diese Darstellung ihre Grenzen, die bei der Interpretation der Fließpfadkarten unbedingt zu berücksichtigen sind:
- Es handelt sich bei der Karte um eine rein topographische Geländeanalyse. Dadurch können keine realen Überflutungstiefen ermittelt werden. Dies ist nur mit einer hydraulischen Simulation möglich (Starkregen-Gefahrenkarten).
- Starkregenereignisse sind lokal eng begrenzte Ereignisse. So treten die höchsten Intensitäten meist in Bereichen auf, die nicht größer als 1 km² sind. Auf den dargestellten Abflusspfaden wird es im Ereignisfall daher niemals überall zu stark ausgeprägten Abflüssen kommen. Die Karte stellt lediglich eine Potenzialbetrachtung dar und beschreibt, wo möglicherweise Fließpfade entstehen könnten. Je nach Lage und Stärke des Niederschlags können diese unterschiedlich stark in Erscheinung treten.
- Aufgrund der Auflösung des Digitalen Geländemodells von 1 m² ist es nicht möglich, feine Geländestrukturen in der Karte zu berücksichtigen. Durchlässe, Mauern und Gräben führen dazu, dass Fließpfade womöglich abgeleitet werden und die Darstellung nicht mehr der Realität entspricht. Die Karte ist letztendlich nur so gut wie ihre Datengrundlage.
Fließpfadkarten können von allen hessischen Kommunen beantragt werden.
Zunächst sollte die Kommune selbst einschätzen, ob die Erstellung einer Fließpfadkarte für bestimmte Ortsteile sinnvoll erscheint. Wir empfehlen Fließpfadkarten vor allem für ländlich geprägte kleinere Ortslagen, deren Umfeld durch größere Geländeunterschiede geprägt ist. Wenn keine oder nur sehr geringen Hangneigungen vorhanden sind, wird auch die Aussagekraft der Fließpfade gering bleiben. Wenn das (in den Fließpfadkarten nicht berücksichtigte) Kanalnetz einen erheblichen Teil des Wassers ableitet, ist auch hier die Aussagekraft der oberirdischen Fließpfade gering.
Basierend auf dieser Ersteinschätzung kann die Kommune eine Anfrage an das Fachzentrum Klimawandel und Anpassung richten, die das gewünschte Untersuchungsgebiet enthält. Bitte melden Sie sich dazu unter starkregen[at]hlnug.hessen.de.
Die Fließpfadkarten werden als GIS-Produkte oder als PDF (bei Bedarf auch gedruckt) zur Verfügung gestellt.
Da durch das Fachzentrum Klimawandel und Anpassung bereits vorliegende Daten ausgewertet werden und keine Ortsbegehung mit Verifizierung durchgeführt wird, wird lediglich eine Aufwandsentschädigung (10 Euro pro km²) fällig. Je größer daher das Gebiet ist, welches gerechnet werden soll, desto teurer wird die Fließpfadkarte.
Übersicht der Fließpfadkarten in Hessen
Die Übersicht stellt dar, welche Kommunen in Hessen bereits eine Fließpfadkarte erhalten haben (in dunkelgrün, Anzahl 239, Stand 30.05.2023) und welche Kommunen aktuell bearbeitet werden (in hellgrün, Anzahl 60).
Die grau eingefärbten Kommunen haben entweder keinen Antrag gestellt oder diesen zurückgezogen; teilweise haben diese Kommunen auch bereits eine detailliertere Starkregen-Gefahrenkarte erstellen lassen, sodass es keinen Bedarf mehr nach einer Fließpfadkarte gibt.
Bei den dunkelgrau eingefärbten Kommunen wurde der Antrag abgelehnt, denn nicht für alle Kommunen ist die Erstellung einer Fließpfadkarte sinnvoll. In einigen Kommunen kommt die Methodik der Fließpfadkarte an ihre Grenzen. In größeren Städten ist die Bebauung so dicht, dass jede kleine Mauer oder Tiefgarage zählt. Hier sollten sogenannte Starkregen-Gefahrenkarten erarbeitet werden. Zudem gibt es Bereiche in Hessen, in denen das Gebiet zu flach ist, um eine aussagekräftige Fließpfadkarte zu berechnen. Die Grundlage der Fließpfadkarte ist eine topografische Geländeanalyse, so dass hierfür eine ausgeprägte Geländestruktur notwendig ist.
Die Karte wird ungefähr alle 3 Monate aktualisiert.