Insektenmonitoring
Um bundesweite Bestandstrends von Insekten und die Ursachen des Insektensterbens besser ableiten zu können, ist es essentiell, harmonisierte und standardisierte Methoden bei der Erfassung der Insektengruppen zu etablieren. Bislang fehlte jedoch ein bundesweit einheitliches Monitoring der Insektenfauna auf repräsentativen Stichprobenflächen, um wissenschaftlich belastbare Angaben zum Zustand und zur langfristigen Entwicklung von Insektenbeständen zu ermitteln, bundesweit auswerten und damit auch umgesetzte Maßnahmenpakete zum Insektenschutz evaluieren zu können.
Das bundesweit einheitliche Insektenmonitoring ist Teil des „Aktionsprogramms Insektenschutz“, mit dem die Bundesregierung die Lebensbedingungen für Insekten und die biologische Vielfalt in Deutschland verbessern will, um dem Insektensterben entgegenzuwirken. Nachdem wesentliche Eckpunkte zwischen Bund und Ländern festgelegt wurden, wurde der einheitliche Methodenleitfaden „Insektenmonitoring“ den Bundesländern zum 1. März 2019 vorgelegt.
Das bundesweit einheitliche Insektenmonitoring ist im Wesentlichen in zwei konzeptionelle Säulen unterteilt - dem Monitoring häufiger Insekten und dem Monitoring seltener Insekten. Für die Zielstellung zur Evaluierung der langfristigen Entwicklung von Insektenbeständen und der Ermittlung der wesentlichen Ursachen und deren Wechselwirkungen in der Gesamtlandschaft Deutschlands sind vor allem Insektengruppen geeignet, die eine gute Indikatorfunktion haben.
Stechimmenmonitoring in Siedlungen in Hessen - 2023
Im Rahmen des bundesweiten Insektenmonitorings fanden im Projekt "Stechimmenmonitoring in Siedlungen in Hessen" im Jahr 2023 Erfassungen von Stechimmen (Wildbienen und Wespen, exkl. Ameisen) in 8 Projektgebieten statt. Es wurden insgesamt 283 Arten in 4.305 Individuen nachgewiesen.
Der Großteil der festgestellten Arten sind Wildbienen (179 Arten in 3.250 Individuen). Die Untersuchungsgebiete der Siedlungen waren von mittlerer bis sehr hoher Bedeutung als Lebensraum für Stechimmen. Potenziell können in warmen Tieflagen normalerweise mehr Arten und Individuen festgestellt werden, als in Siedlungen der Mittelgebirgslagen z.B. in Nordosthessen. Die meisten Nachweise gelangen jedoch in zwei Gebieten, die auf 200 Metern Meereshöhe liegen: Am Südrand des Taunus und im vorderen Odenwald. Dies deutet auf regional besonders gute Habitat-Bedingungen hin, weshalb hier auch mehr wertgebende Arten festgestellt wurden, als in den sehr warmen Untersuchungsgebieten des Tieflands bei Frankfurt und Offenbach am Main.
Mit dem Nachweis zahlreicher seltener Arten in den Siedlungen, konnte deren Bedeutung als Lebensraum für Stechimmen dokumentiert werden:
Es gelangen Nachweise von in Hessen sehr seltenen Arten wie Bitterkraut-Wespenbiene (Nomada pleurosticta), Kroatische Blutbiene (Sphecodes croaticus), Blüthgens Schmalbiene (Lasioglossum bluethgeni), Pygmäen-Schmalbiene (Lasioglossum pygmaeum), sowie den Grabwespen Oxybelus mu-cronatus, Astata kashmirensis und der Goldwespe Chrysis iris.
Stechimmenmonitoring in Siedlungen, Trockenen Heiden und Grünland in Hessen - 2022
Im Rahmen des Projekts fanden Erfassungen von Stechimmen (Wildbienen und Wespen, exkl. Ameisen) in 22 Projektgebieten statt. Davon waren 12 Gebiete Siedlungen, 6 Gebiete Heiden und 4 Gebiete Grünland. Es wurden insgesamt 470 Arten in 13.258 Individuen aus den Ziel-Arten-Familien nachgewiesen. Der Großteil der festgestellten Arten sind Wildbienen (271 Arten in 10.851 Individuen). Die Untersuchungsgebiete der Siedlungen waren alle von mittlerer bis sehr hoher Bedeutung als Lebensraum für Stechimmen: In den warmen Tieflagen der Rheinebene konnten naturgemäß überwiegend mehr Arten und Individuen festgestellt werden, als in Siedlungen der Mittelgebirgslagen z.B. in Nordosthessen. Das Monitoring in Heidegebieten erfolgte in Zwergstrauch-Biotopen mit Calluna vulgaris und Myrtilla vaccinum, die sich teilweise in kühlen Hochlagen befanden, aber auch auf Sandflächen der wärmebegünstigten Rheinebene. Ziel dieser Untersuchung war es, eine Übersicht zum Artenspektrum an Stechimmen in diesen Biotopen in Hessen zu erhalten. Aufgrund der sehr inhomogenen „Heide“-Gebiete, ist auch das festgestellte Artenspektrum sehr unterschiedlich, jedoch lag hier der Anteil wertgebender Arten (Rote Liste-Arten) stets hoch, auch in höheren Lagen. Das Monitoring im Grünland erfolgte in 4 Gebieten, die bereits 2021 mit Transektbegehungen untersucht wurden. In 2022 fanden freie Begehungen statt, was durchweg mehr Nachweise an Individuen von Wildbienen und Wespen erbrachte und bis auf eine Ausnahme auch zu mehr Artnachweisen führte. Durchschnittlich konnten mit geänderter Erfassungs-Methode 2022 bei gleicher Erfassungszeit 30-60% mehr Arten dokumentiert werden als in 2021 (Transektbegehungen).
Ein Erstfund für Hessen gelang mit der Goldwespen-Art Chrysis leachii, ein Wiederfund für Hessen ist der Nachweis der Bunten Schmarotzer-Wegwespe Ceropales variegata.
Monitoring von Lang- (Ensifera) und Kurzfühlerschrecken (Caelifera) im Grünland in Hessen - 2022
Im Rahmen des bundesweiten Insektenmonitorings wurden nach der ersten Erfassung im Jahr 2020 in Hessen im Jahr 2022 erneut repräsentative Grünland-Stichprobenflächen aus dem Ökosystem-Monitoring (ÖSM) und zusätzlich ausgewählte Flachland- und Berg-Mähwiesen hinsichtlich der Heuschreckenfauna untersucht. Die Erfassung in den 24 Untersuchungsflächen erfolgte wie im Jahr 2020 standardisiert durch die Verwendung von Isolationsquadraten und nach dem Schema des Einheitlichen Methodenleitfadens „Insektenmonitoring“ (BfN 2021). Anschließend erfolgte eine qualitative Nachsuche.
Die erfasste Heuschreckenfauna wurde hinsichtlich der Auswirkungen von Flächennutzung, Nutzungsintensität, Vegetation und anderer Teil-Parameter analysiert. Aufgrund der nun zweiten Durchführung eines landesweiten Heuschreckenmonitorings gibt es Vergleichsmöglichkeiten mit den Probeflächen, die auch im Jahr 2020 erfasst wurden. Hinsichtlich der Bestandstrends bestätigen die Befunde einige Ergebnisse der Erfassung im Jahr 2020 wie auch die der ehrenamtlich durchgeführten Erfassung in Hessen (STÜBING & HUNDERTMARK 2018) sowie die bundesweiten Befunde von PONIATOWSKI et al. 2018, 2020 mit deutlicher, offenbar Klimawandel-bedingter Zunahme zahlreicher Arten (Ausbreitung z.B. von Wiesen- und Weißrandigem Grashüpfer, Großer Goldschrecke, Sumpfschrecke, Weinhähnchen und Gottesanbeterin sowie starke Bestandszunahme des ohnehin weit verbreiteten und häufigen Nachtigall-Grashüpfers).
Monitoring von Laufkäfern und bodenlebenden Spinnen im Grünland in Hessen - 2022
Im Rahmen des bundesweit einheitlichen Insektenmonitorings wurden im Jahr 2022 auf insgesamt 27 Probeflächen in repräsentativen Grünland-Stichprobenflächen aus dem Ökosystem-Monitoring (ÖSM) und zusätzlich auf ausgewählten Flachland- und Berg-Mähwiesen in Hessen Bodenfallenfänge durchgeführt. Auf jeder Probefläche kamen sechs Bodenfallen für je drei Fangperioden von 14 Tagen im Frühjahr und Herbst zum Einsatz. Als Fangflüssigkeit diente Ethylenglykol. Die Einzelheiten der methodischen Vorgehensweise entsprachen den Vorgaben des Methodenleitfadens zum Insektenmonitoring (BfN 2021). Die Untersuchungsgebiete wurden vom Auftraggeber vorgegeben und lagen verteilt über ganz Hessen mit einem Schwerpunkt in Nordost- und Mittelhessen.
Die Fangergebnisse wurden 2022 stark von der Witterung beeinflusst: einer Rekordtrockenheit im Sommer mit allgemein sehr geringer Aktivitätsdichte der Laufkäfer folgten ab September Starkniederschläge, die die Fängigkeit der Bodenfallen in Einzelfällen herabsenkte.
Die Fallenfänge wurden differenziert nach Laufkäfern, Spinnen, Kurzflügelkäfern, Pseu-doskorpionen, Weberknechten und sonstigen Insekten und anschließend die Biomasse des Nassgewichts der verschiedenen Gruppen bestimmt. Anschließend wurden alle Laufkäfer auf Artniveau bestimmt und nach Geschlecht unterschieden. Bei den Spinnen wurde jeweils eine Falle mit einer mittleren Biomasse pro Erfassungsdurchgang und Untersuchungsgebiet auf Artniveau bestimmt.
Wildbienen und Wespen im Offenland – 2021
Im Jahr 2021 wurde die Wildbienen- und Wespenfauna auf 22 repräsentativen Grünland-Stichprobenflächen in Hessen auf ihre Artzusammensetzung und Abundanz hin untersucht. Auf diesen Flächen wurden außerdem Umweltparameter wie die Blütendichte aufgenommen. Zusammen mit den bereits 2020 erfassten Nutzungsintensitäten, -formen und weiteren Parametern, können in der späteren Datenauswertung Rückschlüsse auf die Zusammenhänge der Umweltparameter mit den Wildbienen- und Wespengemeinschaften getroffen und darauf aufbauend die Ursachen des Insektensterbens benannt werden. Die richtigen Schritte zum Schutz der Insekten einzuleiten, ist nur auf der Basis korrekter und ausreichender Datenerhebungen möglich.
Heuschrecken im Grünland – 2020
Dabei wurden in Hessen die Heuschrecken im Jahr 2020 als Insektengruppe aus dem Monitoring häufiger Insekten mit guter Indikatorfunktion für das Grünland ausgewählt. Das Monitoring fand auf den repräsentativen Grünland-Stichprobenflächen aus dem Ökölogischen Stichproben Monitoring (ÖSM) und zusätzlich auf ausgewählten, naturschutzfachlich wertigeren Flächen statt (Naturschutzgebiete, FFH-Gebiete; z.B. Kalk-Magerrasen, Pfeifengraswiesen, Flachland-Mähwiesen). Gleichzeitig wurden dort diverse Umweltvariablen wie Biotoptyp, Nutzungsintensität und Trophie über eine spätere Auswertung erfasst.