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Grundwassersituation im Februar 2023: Unterdurchschnittliche Niederschläge sorgen gegen Monatsende für zunehmend stagnierende und rückläufige Grundwasserverhältnisse auf einem sehr niedrigen bis durchschnittlichen Niveau
Nachfolgend wird ein kurzer Überblick über das zurückliegende hydrologische Sommerhalbjahr, das aktuelle hydrologische Winterhalbjahr und das hydrologische Jahr gegeben. Im Anschluss wird die aktuelle Grundwassersituation des Monats in Hessen betrachtet sowie eine Prognose gestellt.
Aktuelle Grundwassermesswerte finden Sie im Messdatenportal.
Hydrologisches Sommerhalbjahr, Winterhalbjahr und Jahr
Im hydrologischen Sommerhalbjahr, das von Mai bis Oktober andauert, kommt vom Niederschlagswasser in der Regel kaum etwas im Grundwasser an, da ein Großteil des Niederschlags wegen der höheren Temperaturen verdunstet und von der Vegetation verbraucht wird. Daher fallen die Grundwasserstände normalerweise im hydrologischen Sommerhalbjahr, auch bei durchschnittlichen Niederschlagsverhältnissen. Fallende Grundwasserstände im hydrologischen Sommerhalbjahr stellen also den Normalfall dar.
Nach vier zu trockenen Monaten in Folge (Mai - August) und einem erheblich zu nassen September endete das zurückliegende hydrologische Sommerhalbjahr 2022 mit einem etwas zu nassen Oktober. Mit insgesamt 313 mm Niederschlag fiel die Niederschlagsbilanz für das hydrologische Sommerhalbjahr insgesamt zu trocken aus (-91 mm / -23% gegenüber der Referenzperiode 1991-2020). Die von Mai bis August andauernde Trockenheit hat zu deutlich sinkenden Grundwasserständen und einem Höhepunkt der Niedrigwassersituation im August 2022 geführt. Erst die ergiebigen Niederschläge im September sorgten vielerorts für erste Entspannungssignale und einer Trendwende im Grundwasser.
Für die Regeneration des Grundwassers ist das von November bis Ende April andauernde hydrologische Winterhalbjahr von besonderer Bedeutung. In dieser Zeit, in der die Vegetation ruht und die Verdunstung wegen der niedrigeren Temperaturen geringer als im Sommerhalbjahr ausfällt, kann das Niederschlagswasser größtenteils versickern. Durch die einsetzende Grundwasserneubildung steigen die Grundwasserstände in der Regel an, sofern ausreichend Niederschlag fällt.
Für das hydrologische Jahr (November bis Oktober) ergibt sich daraus der charakteristische Jahresgang im Grundwasser, mit steigenden Grundwasserständen im Winterhalbjahr und fallenden Grundwasserständen im Sommerhalbjahr.
Situation im Februar
Als vierter Monat des aktuellen hydrologischen Winterhalbjahres fiel der Februar 2023 mit 41 mm Niederschlag zu trocken aus (- 25% gegenüber dem langjährigen Mittel 1991-2020). Die Grundwassersituation in Hessen hat sich dadurch im Februar nur wenig verändert. Durch die trockenere zweite Monatshälfte flachten die zu Monatsbeginn beobachteten Anstiege gegen Monatsende wieder ab und es wurden zunehmend rückläufige Grundwasserverhältnisse registriert. Ende Februar wurden an 49 % der Messstellen fallende, an 12 % der Messstellen stagnierende und an 39 % der Messstellen steigende Grundwasserstände beobachtet.
Die nachfolgende Grafik zeigt die Entwicklung der Grundwassersituation seit dem Jahr 2018. Die Anteile der bezüglich der Grundwasserstände sehr niedrig klassifizierten Messstellen sind im Februar zum sechsten Mal in Folge gesunken. Gleichzeitig hat die Anzahl unterdurchschnittlich und durchschnittlich klassifizierter Messstellen zugenommen. Das für diese Jahreszeit übliche Grundwasserstandsniveau wird weiterhin an vielen Messstellen deutlich unterschritten und es besteht nach wie vor ein beträchtliches Defizit im Grundwasser.
Anmerkung zur Grafik: Die Klassifizierung „sehr niedrige Grundwasserstände“ stellt eine rein statistische Bewertung dar (rote Fläche in der Grafik). Sehr niedrige Grundwasserstände sind nicht mit einem „Wassernotstand“ gleichzusetzen oder an bestimmte Auswirkungen und Maßnahmen gekoppelt. Liegt der Grundwasserstand unter dem 10-%-Perzentil, also unter 90 Prozent aller Werte der Jahre 1991-2020, fällt er in die Klasse „sehr niedrig“. Liegt der Grundwasserstand über dem 10-%-Perzentil und unterhalb des 25-% Perzentils, fällt er in die Klasse „unterdurchschnittlich" (gelbe Fläche). Analog gilt Folgendes für die übrigen Klassen: durchschnittlich: oberhalb des 25-%-Perzentils und unterhalb des 75-%-Perzentils; überdurchschnittlich: oberhalb des 75-%-Perzentils und unterhalb des 90-%-Perzentils; sehr hoch: oberhalb des 90-%-Perzentils.
Im Februar bewegten sich die Grundwasserstände in Hessen an 22 % der Messstellen auf einem sehr niedrigen Niveau (Vormonat 25 %). Rund 24 % der Messstellen wiesen unterdurchschnittliche Grundwasserstände auf (Vormonat 19 %). Durchschnittliche Grundwasserstände wurden an 46 % der Messstellen beobachtet (Vormonat 42 %). Überdurchschnittliche oder sehr hohe Grundwasserstände wurden nur an 5 % bzw. 0 % der Messstellen registriert (Vormonat 9% bzw. 1%). An 3 % der Messstellen lagen keine aktuellen Daten vor. Im Vergleich zum Vorjahr lagen die Grundwasserstände im Februar an 74 % der Messstellen auf einem niedrigeren Niveau als vor einem Jahr. An 26 % der Messstellen wurden höhere Grundwasserstände als vor einem Jahr beobachtet. Die aktuelle Grundwassersituation in Hessen ist nicht nur auf den trockenen Witterungsverlauf des Jahres 2022, sondern im Wesentlichen auf das hohe Niederschlagsdefizit des extrem trockenen Jahres 2018 und die trockenen Folgejahre 2019 und 2020 zurückzuführen.
Wegen der ungleichen Niederschlagsverteilung und der unterschiedlichen Gebietseigenschaften sind folgende regionale Unterschiede zu beobachten:
In den Kluftgrundwasserleitern Mittel- und Nordhessens zeigte sich Ende Februar ein uneinheitliches Bild, so dass sich die Grundwassersituation selbst an benachbarten Messstellen teilweise sehr unterschiedlich darstellte. Grund hierfür ist die hohe räumliche Variabilität der Standorteigenschaften (Niederschlagsmenge, Durchlässigkeit, Speichervermögen, Tiefe des Grundwassers und Mächtigkeit des Grundwasserleiters) und die daraus resultierende unterschiedliche Dynamik (Reaktionszeit) des Grundwassers.
In den nördlichen und mittleren Landesteilen bewegten sich die Grundwasserstände zwischen sehr niedrigen und durchschnittlichen Höhen. Dabei überwogen in den mittleren Landesteilen durchschnittliche Grundwasserstände, vereinzelt wurden auch überdurchschnittliche Grundwasserstände registriert. Beispiel Bracht Nr. 434028: Die Grundwasserstände der sehr langsam reagierenden Messstelle Bracht sind im Februar weiter gestiegen und lagen 1 cm oberhalb des Vorjahresniveaus (Monatsmittel). Trotz der Trendumkehr bewegen sich die Grundwasserstände immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau.
In der Hessischen Rheinebene (Hessisches Ried) wurden im Februar überwiegend durchschnittliche und unterdurchschnittliche Grundwasserstände mit vielerorts ansteigender Tendenz beobachtet. Auch Messstellen mit sehr niedrigen Grundwasserständen wurden vereinzelt registrieret. Folgende Details waren zu beobachten:
- In der unmittelbaren Nähe des Rheins werden die Grundwasserstände vom Rheinwasserstand beeinflusst. Hier lagen die Grundwasserstände im Februar auf einem unterdurchschnittlichen bis sehr niedrigen Niveau mit rückläufigen Entwicklungen gegen Monatsende. Beispiele Gernsheim Nr. 544135 und Biebrich Nr. 506034: An der Messstelle Gernsheim Nr. 544135 bewegte sich der Wasserstand im Februar auf unterdurchschnittlichen Höhen mit fallender Tendenz. Hier lag der Grundwasserstand 38 cm unterhalb des Vorjahresniveaus (Monatsmittel). An der Messstelle Biebrich Nr.506034 lag der Wasserstand auf unterdurchschnittlichen bis sehr niedrigen Höhen und 61 cm unterhalb des Niveaus des Vorjahres (Monatsmittel).
- Im nördlichen hessischen Ried und unmittelbar südlich des Mains bewegten sich die Grundwasserstände im Februar zwischen sehr niedrigen bis durchschnittlichen Höhen. Beispiele Bauschheim Nr. 527055 und Offenbach Nr. 507155: An der Messstelle Bauschheim Nr. 527055 wurden im Februar durchschnittliche Höhen mit einem weiter ansteigenden Trend beobachtet. Im Monatsmittel lag der Grundwasserstand hier 20 cm oberhalb des Niveaus des Vorjahres (Monatsmittel). An der Messstelle Offenbach Nr. 507155 ist der Grundwasserstand im Februar leicht gefallen und bewegte sich auf einem ebenfalls durchschnittlichen Niveau. Im Jahresvergleich lag der Grundwasserstand hier 12 cm unterhalb des Niveaus des Vorjahres (Monatsmittel).
- Die Grundwasserstände in typischen vernässungsgefährdeten Gebieten bewegten sich im Februar im Bereich von unterdurchschnittlichen Werten mit sowohl ansteigenden als auch leicht fallenden Entwicklungstendenzen. Beispiele: Hähnlein Nr. 544266, Groß-Rohrheim Nr. 544107, Worfelden Nr. 527182, Wallerstädten Nr. 527321.
- In den infiltrationsgestützten mittleren Bereichen des Rieds bewegten sich die Grundwasserstände im Februar überwiegend auf dem Niveau der mittleren Richtwerte. Die Steuerung durch Infiltration und Grundwasserentnahmen zeigt hier die gewünschte Wirkung.
- Im südlichen Hessischen Ried lagen die Grundwasserstände Ende Februar überwiegend zwischen unterdurchschnittlichen und durchschnittlichen Höhen mit zunehmender Entwicklungstendenz. Beispiele Viernheim Nr. 544271 und Bürstadt Nr. 544007: An der Messstelle Bürstadt Nr. 544007bewegte sich der Grundwasserstand im Februar auf unterdurchschnittlichen Höhen und lag 28 cm unterhalb des Vorjahresniveaus (Monatsmittel). An der Messstelle Viernheim Nr. 544271 befand sich der Grundwasserstand am Monatsende auf einem unterdurchschnittlichen Niveau und lag 14 cm oberhalb des Vorjahresniveaus (Monatsmittel).
Prognose
Aufgrund der niedrigen Temperaturen, der geringen Verdunstung und einer hohen Bodenfeuchte herrschen gute Randbedingungen für den Grundwasserneubildungsprozess. Im weiteren Verlauf des hydrologischen Winterhalbjahres (November - April) kann von weiter steigenden Grundwasserständen ausgegangen werden. Das setzt allerdings voraus, dass ausreichend Niederschlag fällt. Um das Defizit der letzten Jahre im Grundwasser vollständig auszugleichen, reichen nicht die Niederschläge einiger Wochen oder Monate, sondern es sind ergiebige Niederschläge über einen deutlich längeren Zeitraum von Nöten. Ein nasses hydrologisches Winterhalbjahr könnte das bestehende Defizit aber deutlich verringern.
aktuelle Messwerte
Die Messwerte von 108 Grundwassermessstellen, die mit Datensammlern und mit Datenfernübertragung ausgestattet sind, werden täglich übertragen und stehen online im Messdatenportal zur Verfügung.