Lahnmarmor im Unica-Steinbruch in Villmar
Die angeschliffene und polierte Steinbruchwand des Unica-Bruchs in Villmar bei Weilburg bietet einen einzigartigen Einblick in ein mitteldevonisches Stromatoporen-Riff. Villmar liegt in der Lahn-Mulde des Rheinischen Schiefergebirges und ist Teil des Nationalen Geoparks Westerwald-Lahn-Taunus.
Das Riff, das so eindrucksvoll angeschnitten ist, entstand vor ca. 380 Millionen Jahren in etwa 20 Grad südlicher Breite im Umfeld erloschener Vulkane. Die Riff-Organismen sind z.T. noch vollständig und in ihrer ursprünglichen Lebensposition erhalten, häufig aber auch infolge starker Sturmereignisse umgelagert, von Sediment überdeckt oder von anderen Organismen überwachsen. Neben den Stromatoporen (eine mit Schwämmen verwandte, riffbildende Tiergruppe) sind unter anderem auch Korallen, Kopffüßler, Seelilien, Meeresschnecken sowie Brachiopoden und Ostrakoden zu erkennen.
Der nicht metamorphe Kalkstein wurde seit dem 16. Jahrhundert bis in die 1970er Jahre unter dem Handelsnamen „Lahnmarmor“ abgebaut und ist als charakteristischer Naturwerkstein von überregionaler Bedeutung. Der wegen seiner Polierfähigkeit geschätzte Werkstein tritt in unterschiedlichen Farbvarianten (rot, grau, schwarz), die verschiedene Ablagerungsbereiche (z.B. Vorriff, Riffkern, Rückriff) repräsentieren, in mehreren Steinbrüchen in der Umgebung auf.
Neben seiner lokalen Verwendung wie z.B. für die „Marmorbrücke“ in Villmar, wurde er auch regional und überregional in Kirchen, Schlössern und Museen verbaut (z.B. im Dom zu Limburg, Mainz, Würzburg und Berlin und im Wiesbadener und Weilburger Schloss). Er fand aber auch seinen Weg ins Ausland wie z.B. nach Amsterdam, Paris, Prag, Wien und Zürich, nach Moskau (Metro), St. Petersburg (Eremitage), Istanbul, Tagore (Palast des Maharadschas) und Übersee nach New York (Empire-State-Building) und Havanna (Kirnbauer 2008).
Sehenswert sind neben der ca. 6 m hohen und 15 m breiten gesägten Steinbruchwand das ca. 400 m entfernte Lahn-Marmor-Museum sowie der Lahn-Marmor-Weg durch den Ort und die Gemarkungen von Villmar.
Interessierte können nun den Geotop virtuell besuchen und genießen:
Dersch-Hansmann, M., Ehrenberg, K.-H., Heggemann, H., Hottenrott, M., Kaufmann, E., Keller, T., Königshof, P., Kött, A., Nesbor, H.-D., Theuerjahr, A.-K. & Vorderbrügge, T. (1999): Geotope in Hessen. – In: Hoppe, A. & Steiniger, F. F. (Hrsg.): Exkursionen zu Geotopen in Hessen und Rheinland-Pfalz sowie zu naturwissenschaftlichen Beobachtungspunkten Johann Wolfgang von Goethes in Böhmen. – Schriftenr. Dt. Geol. Ges., 8: 69–126; Hannover.
Flick, H. (2010): Lahn-Dill-Gebiet: Riffe, Erz und edler Marmor. – Meyenburg, G. (Hrsg.): Streifzüge durch die Erdgeschichte. – Edition Goldschneck im Quelle & Meyer Verlag; Wiebelsheim.
Henrich, R., Bach, W., Dorsten, I., Georg, F.-W., Henrich, C. & Horch, U. (2017): Riffe, Vulkane, Eisenerz und Karst im Herzen des Geoparks Westerwald-Lahn-Taunus. – Wanderungen in die Erdgeschichte; Verlag Dr. Friedrich Pfeil; München.
Königshof, P. & Keller, T. (1999): „Lahn-Marmor“, Riffe im Devon. – In: Hoppe, A. & Steiniger, F. F. (Hrsg.): Exkursionen zu Geotopen in Hessen und Rheinland-Pfalz sowie zu naturwissenschaftlichen Beobachtungspunkten Johann Wolfgang von Goethes in Böhmen. – Schriftenr. Dt. Geol. Ges., 8: 223–230; Hannover.