1 Geologischer Überblick

Bohrprofil der Forschungsbohrung Vogelsberg 1995. (KÖTT et al. 2001 in HOPPE & SCHULZ 2001)
Mit einer Fläche von insgesamt 2 500 km2 ist der Vogelsberg das größte zusammenhängende Vulkangebiet Mitteleuropas. Die Vulkangesteine des Vogelsberges bilden morphologisch eine gewölbte, schildartige Form, ein Schildvulkan ist der Vogelsberg allerdings nicht. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand muss man eher von einem Vulkangebiet mit vielen einzelnen Eruptionszentren ausgehen, manche liegen eher peripher wie das der Münzenburg oder der Burgberg von Friedberg in der Wetterau. Das von Vulkangesteinen bedeckte Gebiet weist eine fast kreisrunde Form mit 60 km Durchmesser auf, dessen Zentrum sich bei Laubach befindet. Der höchste Punkt des Vogelsberges, der 773 m hohe Taufstein, liegt exzentrisch um 15 km nach Osten versetzt. Diese asymmetrische Form spiegelt die Tiefenlage der Basaltbasis wider, die am Ostrand 400 m ü. NN liegt, während sie im Westen bis auf 150 m ü. NN herunterreicht. Im zentralen Vogelsberg bei Ulrichstein ist es (Abb. 1) selbst mit einer fast 660 m tiefen Forschungsbohrung nicht gelungen, den prätertiären Untergrund aufzuschließen. Da sie in etwa 670 m ü. NN angesetzt war, muss davon ausgegangen werden, dass zumindest der zentrale Vogelsberg bis auf Meereshöhe aus vulkanischen Gesteinen besteht. Dies ist auf einen komplexen, durch Bruchtektonik bedingten Schollenbau des Untergrundes zurückzuführen (EHRENBERG & HICKETHIER 1985). Aus Bohrungen lässt sich ableiten, dass das heute noch vorhandene Gesamtvolumen wenigstens 500 km3 umfasst.
Über die ursprüngliche Verbreitung der Vulkanite und somit die geologischen Grenzen des Vogelsberges kann man nur mutmaßen (ROTHE 2005). Landschaftlich bildet die Wetterau-Senke im Westen eine Grenze, im NE ist es der NW–SE verlaufende Lauterbacher Graben. Im SE, im Tal der Kinzig, erfolgt über den Landrücken ein Übergang zur ebenfalls aus vulkanischen Gesteinen aufgebauten Rhön und im Süden mit dem „Wilden Stein“ im Stadtgebiet von Büdingen zum Spessart. Die isolierten Vorkommen der Basalte bei Frankfurt, früher als Maintrapp bezeichnet, lassen auch im SW auf eine ehemals weit größere Ausbreitung der Vulkangesteine schließen.

Abb.2: Stratigraphisches Profil Hessens
Die Zerrkräfte in der Erdoberfläche, die zur Bildung des Oberrheingrabens führten, sind auch für die tertiären Grabenstrukturen im Umfeld des Vogelsberges verantwortlich. In diesen Senken sammelten sich kontinentale tertiäre Sedimente, bevor sie von den Vulkaniten weiter aufgefüllt wurden. Die Bewegungen in der Erdkruste dauerten auch nach der vulkanischen Aktivität noch an, wie Störungen in den Vulkaniten belegen. Der Untergrund der Vulkanite ist vielfältig zusammengesetzt. Im Westen flossen die Laven direkt auf
die devonischen Gesteine des variskischen Grundgebirges. Östlich daran anschließend stehen Rotliegend und Zechstein im Liegenden der Vulkanite an und schließlich im Ostteil des Vogelsberges der Buntsandstein. In Senkungsgebieten blieben auch noch die stratigraphisch höheren Glieder der Trias, Muschelkalk und Keuper, und sogar unterer Jura erhalten
(Abb. 2). Meist aber steht in den Gräben das Tertiär in Form eozäner bis frühmiozäner Sedimente an. Die wesentlichen Rahmengesteine des Vogelsberges bilden Sandsteine und Ton-/ Schluffstein-Wechselfolgen des Buntsandsteins, die vor allem im Süden, Osten und im Norden die vulkanischen Gesteine umgeben. An vielen Stellen sind aufgrund der Verwitterung
und Abtragung nur noch die Erosionsreste zu sehen, oft stehen nur die Eruptionszentren an. Dies ist besonders ausgeprägt im östlichen Vogelsberg. Dort treten die Vulkanite als im Buntsandstein steckende Durchbrüche oder Schlotfüllungen auf.
Das System von Gräben, das die Vogelsbergregion durchzieht, lässt eine Reihe von tektonischen Richtungen erkennen, die auch bei den Absenkungsbewegungen aktiv waren. Die wichtigsten streichen 0–20° (rheinisch), 60–80° (erzgebirgisch), 100–120° (flach herzynisch), 130–140° (steil herzynisch) und 160–180° (eggisch). Diese Richtungen sind auch in dem komplexen Schollenbau im Liegenden der vulkanischen Abfolge vertreten sowie bei postvulkanischen Störungen. Sie finden sich heute außerdem auf dem topographischen Kartenbild in der Ausrichtung der Bäche und Flüsse wieder. Deren Verlauf ist also durch das Kluftsystem vorgegeben, denn das Wasser bahnt sich dort seinen Weg, wo Klüfte, Spalten oder Schwächezonen im Gestein die Erosion begünstigen. Diese Richtungen sind auch als Kluftrichtungen in den Vulkaniten zu beobachten. Häufig charakterisieren sie die Orientierung von Erosionskanten und Felsklippen.
Stellenweise täuscht das Zusammenspiel der Klüfte eine säulige Ausbildung vor. Die Intrusionen gangförmiger Vulkanitkörper folgen ebenfalls solchen bevorzugten Richtungen. Die Anordnung von Durchbrüchen und Schloten ist darüber hinaus ebenso vielfach an Lineamente gebunden, die diesen Orientierungen folgen. Daraus wird ersichtlich, dass die strukturellen Verhältnisse bei dem Aufstieg und der Platznahme von Magmen eine wichtige Rolle spielten und dass die Kräfte, die diese Richtungen erzeugten, bereits vor dem Vulkanismus wirksam und auch danach noch aktiv waren.
Die Form des prävulkanischen Untergrundes versuchten EHRENBERG & HICKETHIER (1985) zu klären. Schon früh wurde über eine schüsselförmige Eindellung des Untergrundes spekuliert, die durch den schweren Basalt mitbedingt sein sollte. Durch Auswertung bis dato vorliegender Kartier-Ergebnisse und Bohrungen rekonstruierten EHRENBERG & HICKETHIER ein Muster unterschiedlich hoch liegender „Niveauschollen“ und konnten dadurch die Morphologie der prävulkanischen Schichten klären (Abb. 3).
Unter diesen Schollen zeichnete sich eine in dieser Form bislang unbekannte SW–NE (erzgebirgisch) verlaufende, zentrale Tiefscholle ab (Hungen-Schotten-Tiefscholle), in deren Bereich bereits während des präbasaltischen Tertiärs eine verstärkte Absenkung stattfand. Die Trennlinien der staffelförmig nach NW und SE ansteigenden Schollen sind vorwiegend SW–NE ausgerichtet. Caldera-artige Einbrüche sind im Strukturbild der Basaltbasis nicht zu
erkennen. Großflächige Magmenkammern unter dem Vogelsberg wurden von EHRENBERG & HICKETHIER (1985) ausgeschlossen.

Abb. 3: Konstruktion der möglichen Basaltbasis des Vogelsberges (nach EHRENBERG & HICKETHIER 1985)
Der Vogelsberg war nach radiometrischen Datierungen vor ca. 19–15 Ma (Ma = Millionen Jahre) vulkanisch aktiv (z.B. BOGAARD et al. 2001, KREUZER et al. 1973, HORN et al. 1972, EHRENBERG et al. 1981). Der überwiegende Teil der vulkanischen Aktivität war nach den neuesten Datierungen auf den kurzen Zeitraum von 18,2 bis 16,3 Ma begrenzt, dauerte also
nur etwa 2 Ma, unterbrochen von längeren Ruhephasen. Sie fällt damit ins Burdigal, die jüngere Stufe des unteren Miozäns.
Das Klima war damals subtropisch bis tropisch. Wenige Kilometer weiter westlich im Oberrheingraben und Mainzer Becken waren noch kurz zuvor während des Aquitans marine Evaporite gebildet worden. Zeugen des warmen Klimas im Vogelsberg können wir noch heute in Form der Laterit- und Bauxitvorkommen sowie der Braunkohlelagerstätten finden.
2 Die vulkanischen Bildungen des Vogelsbergs
Die meisten Vulkanite des Vogelsberges sind im Handstück dunkelgraue bis schwarze, feinkörnig bis dichte, kompakte Gesteine. Obwohl auch fein–mittelkörnige Ausbildungen vorkommen, ist eine genaue Gesteinsansprache mit dem bloßen Auge meistens nicht möglich. Auch mit der Lupe sind oft nur die meist relativ kleinen Einsprenglinge zu erkennen.
Vielfach sind die Vulkanite so feinkörnig, teilweise auch glasig, dass selbst mit dem Mikroskop eine eindeutige Zuordnung schwierig ist. Deshalb wurden die Vulkanite früher zusammenfassend als Basalte angesprochen.
Diese Vereinfachung ist wenig hilfreich bei einer detaillierten Deutung der Entstehung der Gesteine, und darum haben die geologischen Bearbeiter des Vogelsberges (z. B. SCHOTTLER, EHRENBERG) im Laufe der Jahrzehnte eine ganze Reihe von verschiedenen Fachausdrücken zur besseren Unterteilung benutzt und verschiedene Klassifikationsmethoden angewandt. Diese aufzulisten und zu diskutieren wäre für den Laien wenig nützlich und würde den Rahmen dieses Geotopführers sprengen.
Da geochemische Analysen aufgrund moderner Methoden zunehmend leichter verfügbar sind, wird in diesem Führer die auf geochemischen Merkmalen (s. Tab. 1) beruhende Klassifikationsmethode nach LEMAITRE et al. (1989) verwendet, die auf dem Variationsdiagramm Na2O+K2O vs. SiO2 basiert (s. Abb. 4). Da die Ähnlichkeit der Vulkanite unterschiedlicher Vorkommen eine Ansprache im Handstück oftmals erschwert oder sie unmöglich macht, enthält dieser Geotopführer zahlreiche Dünnschliffaufnahmen, in denen sich die Vielfalt und Schönheit dieser Vulkangesteine bei der mikroskopischen Betrachtung offenbart. Um diese Ausschnittsvergrößerungen verständlich zu präsentieren, werden nur
diejenigen Minerale erwähnt, die auch in den Abbildungen leicht zu erkennen sind.
Weiterführende petrographische und geochemische Untersuchungen sind z.B. in BOGAARD et al. (2001), KÖTT et al. (2001), EHRENBERG (1986) oder JUNG & MASBERG (1998) zu finden sowie bei den einzelnen Geotopbeschreibungen und in den dort jeweils angegebenen Erläuterungen zu den geologischen Karten. Aus diesen Quellen stammen auch die hier verwendeten geochemischen Daten.
Folgt man der Klassifikationsmethode von LEMAITRE et al. (1989), so können die Vulkanite in fünf Gruppen unterteilt werden. Die Unterteilung in Tholeiite und Alkalibasalte folgt dabei der Trennlinie für hawaiianische Laven von MCDONALD & KATSURA (1964). Die Gruppen, die hier unterschieden werden, sind wie folgt:
- Basanite
- Alkalibasalte
- Basisch-intermediäre Differenziate der alkalischen
Serie (basisch: Hawaiite; intermediär: Mugearite,
Shoshonite, Latite) - Trachyte
- Tholeiite (Basalte und basaltische Andesite der
tholeiitischen Serie).
Dies entspricht dem „Trapp“ oder „Trapp-Basalt“, einem früher geläufigen Begriff. Wie häufig in der Natur gibt es Übergänge, und so sind auch hier die Grenzen fließend. Dennoch erscheint diese Nomenklatur brauchbar, da damit die typischen Vertreter dieser Gruppen unterschieden werden können (s. auch Tab. 2).
![Gesamtalkali-SiO2-Diagramm (TAS-Diagramm) von Gesteinen aus dem Vogelsberg, modifiziert nach LEMAITRE et al. (1989) [ol = Olivin].](/fileadmin/img_content/geologie/geotope/GeotopfuehrerVB/Sio2Diagramm.png)
Abb. 4: Gesamtalkali-SiO2-Diagramm (TAS-Diagramm) von Gesteinen aus dem Vogelsberg, modifiziert nach LEMAITRE et al. (1989) [ol = Olivin].

Tab. 1: Geochemische Zusammensetzung von typischen Vulkaniten aus dem Vogelsberg. (Analysen von Trachyt und Tholeiit angefertigt für diese Arbeit, alle anderen: BOGAARD et al. 2001) [Hauptelemente in Gew.-%, Spurenelemente in ppm, Mg# vgl. Tab 2]
Die Basanite sind mit die primitivsten Vulkanite des Vogelsberges. Ihre SiO2-Gehalte sind mit 41–45 % niedrig; sie gehören zu den kieselsäureuntersättigten, alkalinen Gesteinen. Ihre MgO-Gehalte und Magnesiumzahlen sind hoch (Mg# 66–74). Damit korrespondieren die hohen Gehalte an kompatiblen Spurenelementen wie Cr und Ni, meist mehrere
hundert ppm (parts per million). Daraus lässt sich ableiten, dass diese Schmelzen schnell und ohne nennenswerte Fraktionierung aus dem Mantel aufgestiegen sind. Dies wird durch das häufige Auftreten von Olivinknollen in den Basaniten noch unterstrichen.
Die Verteilungsmuster der Seltenen-Erden-Elemente (SEE) sind steil. Die relative Verarmung an schweren SEE gegenüber den leichten SEE impliziert eine Schmelzbildung mit geringem Schmelzgrad in Gegenwart von Granat, also in großen Tiefen, wo der Granatperidotit stabil ist. Nach den Isotopendaten zu urteilen, sind die Basanite ebenfalls aus einer Mantelquelle abzuleiten, ohne weitere nennenswerte Kontamination durch die Erdkruste.
Die Basanite sind meist dunkelgrau–schwarz und oft feinkörnig–dicht, manchmal aber auch fein–mittelkörnig. Bei den feinkörnigen–dichten Gesteinen ist ein porphyrisches Gefüge meist deutlich erkennbar. Dabei schwimmen Olivin- und Klinopyroxen-Einsprenglinge in der Grundmasse (Matrix) aus hauptsächlich Olivin und Klinopyroxen, wenig Plagioklas, Erz (Magnetit), Apatit und Glas. Weiterhin treten gelegentlich Nephelin, Analcim oder Leuzit auf. Die Olivinknollen sind – wie bereits erwähnt – sehr häufig. Basanitische Lavaströme zeigen immer einen typischen dreigeteilten Aufbau bestehend aus einer Basisbrekzie, einer kompakten Kernzone und einer oft mächtigen Topbrekzie.
Die Alkalibasalte sind etwas weniger primitiv als die Basanite, was die etwas höheren SiO2-Gehalte (45–52 %) und die niedrigeren Mg# (62–69) sowie die niedrigeren Cr- und Ni-Gehalte anzeigen. Die SEEMuster sind steil, wenn auch etwas weniger ausgeprägt als bei den Basaniten. Die vergleichsweise etwas niedrigeren Gehalte an inkompatiblen Spurenelementen lassen einen leicht höheren Schmelzgrad vermuten. Die Isotopendaten sind denen der Basanite ähnlich.
Die Alkalibasalte sind ebenfalls oft dunkelgraue bis schwarze Gesteine. Sie sind meist feinkörnig–dicht, porphyrisch und lassen als Phänokristalle Olivin und Klinopyroxen erkennen. Unter dem Mikroskop werden in der Grundmasse zusätzlich Plagioklas und Erz (meist Magnetit) sichtbar, manchmal auch Apatit und Glas. Sie unterscheiden sich von den Basaniten im Wesentlichen durch den höheren Plagioklas-Gehalt in der Grundmasse.
Die Alkalibasalte sind manchmal auch körnig ausgebildet, wobei Olivin und Klinopyroxen zusammen mit Leisten aus Plagioklas ein intergranulares Gefüge aufbauen. Die Alkalibasalte sind stellenweise heller ausgebildet und von mittelgrauer Farbe. Dementsprechend werden sie auch als Leuko-Alkalibasalte bezeichnet. Die hellere Farbe wird vom höheren Plagioklasgehalt verursacht, der in der Grundmasse den vorherrschenden Anteil stellt. Geochemisch sind sie den Alkalibasalten zuzuordnen. Auch wenn sie zu höheren SiO2-Gehalten tendieren, so überlappen sie sich doch in ihrer Zusammensetzung mit den oben beschriebenen etwas dunkleren Alkalibasalten und werden deshalb hier mit diesen zusammen betrachtet und nicht als eigene Gruppe behandelt.
Diese Gruppe aus der alkalischen Serie wird durch Fraktionierung gebildet und weist deshalb eine große Streubreite in der Zusammensetzung auf. Während die Hawaiite den Alkalibasalten, aus denen sie hervorgingen, mit SiO2-Gehalten von 45–52 % noch ähneln, sind die Shoshonite, Mugearite und Latite bereits weit differenziert. Die SiO2-Gehalte
reichen bis 57 %, die Mg# sind nun mit 37–42 deutlich erniedrigt. Die Alkaligehalte (S Na2O+K2O) steigen signifikant an (8,0–9,8) und leiten von den Hawaiiten (5,6–6,4) zu den Trachyten (10,7–12,3) über. Die SEE-Muster sind steiler als die der Alkalibasalte, ebenfalls ein Effekt der Fraktionierung. Die Isotopendaten liegen im Bereich der Alkalibasalte.
Durch die Fraktionierung ändert sich nun die Farbe der Gesteine, die Hawaiite werden dunkel–mittelgrau, die Shoshonite und Latite mittel–hellgrau. Die Gefüge der Gesteine sind porphyrisch mit feinkörniger Grundmasse. Amphibole, Klinopyroxene und Plagioklase bilden die Phänokristalle bei den Hawaiiten, bei den weiter differenzierten kommt noch der Alkalifeldspat hinzu. Das sind auch die Minerale, die – neben Erz und Apatit – die Grundmasse aufbauen.
Die am weitesten differenzierten Vulkanite im Vogelsberg sind die Trachyte. Das zeigt sich an den niedrigen Mg# und den nun sehr niedrigen Konzentrationen von Cr und Ni von nur wenigen ppm. Die SiO2-Gehalte steigen auf über 58 % und die Gesamtalkalien auf über 10 % an. Die SEE Muster sind sehr steil. Die Isotopendaten sind von den Alkalibasalten
nicht zu unterscheiden.
Die Trachyte sind meist von hellgrauer Farbe, frisch angeschlagen können sie auch mittel- bis dunkelgrau sein. Bei ihrem porphyrischen, oft eingeregelten Gefüge fallen schon bei Betrachtung mit bloßem Auge die Feldspat-Einsprenglinge an der Oberfläche auf.
Unter dem Mikroskop erkennt man sowohl Kalifeldspäte als auch Plagioklase. Weitere meist kleine Einsprenglinge sind Amphibole und Klinopyroxene. In der feldspatreichen Grundmasse kommen noch Erz, Apatit und gelegentlich Biotit und Titanit vor.
Als Tholeiite werden die tholeiitischen Basalte und basaltischen Andesite zusammengefasst, also Gesteine mit einem SiO2-Gehalt in dem Intervall von 45–57 %. Sie haben bei ähnlichen SiO2-Anteilen vergleichsweise niedrigere Alkali-Elementgehalte. Sie sind dementsprechend Kieselsäure-gesättigt.
Die Tholeiite bilden eine Differenziationsreihe, die sich durch Fraktionierung erklären lässt. Die Mg# variieren somit von 56–63. Die SEE sind flacher als die der Alkaliserie, was auf eine Schmelzbildung oberhalb der Granatstabilität, also im Bereich der Spinellperidotite hindeutet. Der allgemein niedrigere Gehalt an inkompatiblen Spurenelementen beweist einen größeren Schmelzgrad. Die Isotopendaten zeigen die größte Variation der Vogelsberg-Vulkanite und einen signifikanten Einfluss von angereichertem Material. Dies kann durch ein anderes Ausgangsmaterial im Erdmantel oder durch die Resorption von Nebengestein in Magmenkammern (z.B. durch herabstürzendes Deckenmaterial) an der Kruste-Mantel-Grenze oder weiter oben in der Erdkruste selber erklärt werden.
Die Tholeiite sind meist dunkelgrau bis schwarz, zeigen aber im angewitterten Zustand typische bräunlich–olive Farben. Sie sind in der Regel fein- bis mittelkörnig ausgebildet, selten porphyrisch. Oft ist ein hoher Anteil an vulkanischem Glas zu beobachten. Die fein- bis mittelkörnigen Tholeiite setzen sich vorwiegend aus Plagioklas, Klinopyroxen, Orthopyroxen, wenig Olivin und Erz (Ilmenit und Magnetit) zusammen. Die porphyrischen zeigen Orthopyroxen und wenige Olivin- und Plagioklas-Einsprenglinge in einer feinkörnigen Grundmasse, die ebenfalls hauptsächlich aus Plagioklas, Klinopyroxen, Orthopyroxen, wenig Olivin und Erz (Ilmenit und Magnetit) besteht. Tholeiitische Lavaströme weisen im Unterschied zu den alkalischen Laven keine Top- und Basisbrekzie auf. Sie können aber im Top- und Basisbereich blasenreich ausgebildet sein.

Tab. 2: Typische petrographische und geochemische Merkmale der wichtigsten Gesteinsgruppen. (Oxide in Gew.-%).
Die Trennlinie nach MCDONALD & KATSURA (1964) in Abb. 4 durchschneidet eine Reihe von Vulkaniten, die zwischen den Alkalibasalten und den Tholeiiten liegt. Diese Vulkanite sind nicht eindeutig zuzuordnen und werden deshalb auch als „transitional“ bezeichnet, da sie Eigenschaften von beiden Gruppen zeigen. Sie werden auch Olivinbasalte genannt, da sie meist porphyrisch sind mit Olivin-Einsprenglingen. Im Mikroskop sind sie den Tholeiiten ähnlich, jedoch führen sie keinen Orthopyroxen. Geochemisch sind sie oft mit den Alkalibasalten verwandt. Der Einfachheit halber behalten wir hier die Trennung nach der Hawaiilinie bei und teilen sie dementsprechend den Tholeiiten bzw. den Alkalibasalten
zu.
Die von BOGAARD et al. (2001) als eigene Gruppe ausgehaltenen Ti-reichen Alkalibasalte und Basanite sind schwierig einzustufen. Ausgerechnet die Analysen derjenigen Basanite, die am weitesten durch hohe Titan- und Aluminiumgehalte aus dem Rahmen fallen, sind nicht von bester Qualität, wie die Summen zeigen, die zwischen 95 und 98 Gew.-% liegen. Die von BOGAARD et al. (2001) getroffene Schlussfolgerung, dass gerade diese Schmelzen die ersten primitiven Schmelzen des Vogelsberg-Vulkanismus darstellen, ist nicht haltbar. Die Magnesiumwerte (Mg#) streuen zwischen 54 und 58, was für primitive Schmelzen aus dem Erdmantel viel zu niedrig ist. Außerdem sind die Cr- und Ni-Konzentrationen
deutlich niedriger als bei anderen primitiven Schmelzen. Da diese Ti-reichen Schmelzen untypisch für den Vogelsberg sind, sollen sie hier nicht weiter behandelt werden.
Bei der Anwendung der geochemischen Unterteilung sollte nicht vergessen werden, dass diese keineswegs die relative Häufigkeit und die Bedeutung der Gesteine widerspiegelt. Mit Abstand am weitesten verbreitet sind, wie aus Bohrungen und Kartierungen bekannt ist, die Basalte, sowohl die Alkalibasalte als auch die Tholeiite; letztere sind auch unter der historischen Bezeichnung Trapp-Basalte bekannt. Die Basalte bilden voluminöse Lavaströme, die weite Gebiete im Vogelsberg überdecken. Sie haben auch als Rohstoffe große wirtschaftliche Bedeutung und werden deshalb in zahlreichen Steinbrüchen gewonnen.
Die Basanite sind ebenfalls relativ häufig, nur sind ihre Vorkommen, vor allem im Osten des Vogelsberges oft auf Durchbrüche und Schlotfüllungen begrenzt. Die Menge an basanitischen Laven tritt hier deutlich hinter die der Basalte zurück, auch wenn die Eruptionszentren solcher Magmen recht zahlreich sind. Im Westen sind die Basanite häufiger und bedecken weite Flächen. Sie gehören zu den jüngsten vulkanischen Produkten und stehen oft auf den Berggipfeln an. Wegen der exponierten Lage werden die Basanite recht häufig abgebaut, weshalb sie in Steinbrüchen sehr gut aufgeschlossen und untersucht sind. Die exponierte Lage könnte auch der Grund dafür sein, dass sie stellenweise schon weitgehend abgetragen wurden, wenn man eine ursprünglich weitere Verbreitung annehmen möchte. Unabhängig davon sind die Basanite auf geringere Schmelzgrade als die Basalte zurückzuführen, so dass auch die Menge an primär gebildeten Magmen wohl geringer war.
Die Differenziate der alkalischen Serie, die Hawaiite, Mugearite, Shoshonite und Latite sind selten, die meisten nur aus Bohrungen bekannt. Die Trachyte schließlich, die am weitesten differenzierten Gesteine, sind häufiger als die intermediären und basischen Differenziate, aber im Vergleich zu den Basalten kommen sie an der Oberfläche nur untergeordnet vor. In den Bohrungen Flösser Schneise und Hasselborn (EHRENBERG et al. 1981) machen sie 10 % bzw. 20 % des Bohrprofils aus. Bei Bohrungen in Bad Salzhausen wurde der Trachyt mehrfach angetroffen. Seine größte Mächtigkeit wurde mit 446,2 m durchteuft.
2.2 Die Tuffe
Zusammen mit diesen Vulkaniten wurde noch eine ganze Reihe von vulkaniklastischen Gesteinen eruptiert. Die Tuffe sind in Bohrungen deutlich mehr vertreten als es von den Oberflächenkartierungen aus betrachtet zu vermuten wäre. Das liegt wohl einfach daran, dass die meist lockeren Tuffe sehr viel leichter verwittern als die festen, meist kompakten Laven und deshalb erodiert werden. So sind sie heute an der Geländeoberfläche anstehend kaum anzutreffen, in den Bohrungen jedoch machen sie 20–50 % der Abfolge aus.
Fallablagerungen sind im Vogelsberg selten aufgeschlossen. Nur dort, wo sie im Hangenden von Laven überdeckt wurden und vor Abtragung geschützt waren, blieben solche Aschen- und Lapillituffe erhalten. Bei den wenigen, auf heftige Explosionen hindeutenden Tuffen, können wir einen Nebengesteinsanteil beobachten, der aus eckigen Fragmenten gebildet
wird. Dies weist auf phreatomagmatische Eruptionen hin. Auch das Auftreten von akkretionären Lapilli ist für diese Entstehungsart charakteristisch.
Die meisten pyroklastischen Gesteine sind nahe am Eruptionszentrum abgelagert worden. Es sind Bombentuffe oder Agglomerate aus Wurfschlacken, die aus Lavafontänen hawaiianischer oder strombolianischer Eruptionen gebildet wurden. Schließlich können noch relativ häufig Schlotbrekzien angetroffen werden. Es handelt sich dabei um unsortierte, schlecht geschichtete Ablagerungen, die am Kraterrand neben den schlotfüllenden Laven erhalten blieben.
Hinweise auf typische plinianische Eruptionen fehlen, obwohl bei den trachytischen Schmelzen eine solch heftige Eruptionsart nicht auszuschließen ist. Es war also eher ein ruhiger Vulkanismus mit Lavafontänen sowie Aschen- und Bombenregen im näheren Umkreis des Kraters. Lavaströme flossen aus Kratern oder Spalten kilometerweit über die Landschaft. Diese vulkanische Tätigkeit wurde nur ab und zu durch kurze, heftige Explosionen unterbrochen, wenn Schmelzen und Grundwasser in Kontakt kamen und phreatomagmatische Eruptionen auslösten.
2.3 Aufschlüsse in Steinbrüchen
Viele wichtige Informationen über die geologischen Verhältnisse verdanken wir den Aufschlüssen, die durch die Steinbruchbetriebe geschaffen wurden. Aufgrund der Verwitterung bleiben bevorzugt die harten Vulkangesteine stehen. Sie bilden Klippen oder Steilstufen und können an vielen Stellen untersucht werden. Von den pyroklastischen Gesteinen
jedoch hätten wir ohne die Steinbrüche fast keine Kenntnis, denn aus den Lesesteinkartierungen allein lässt sich ihre Verbreitung und Entstehung nur schwer entschlüsseln. Auch die Kontaktbeziehungen der einzelnen Lavaströme zueinander und der Laven zu ihrem Nebengestein sind exemplarisch fast nur in Steinbrüchen aufgeschlossen.
Darüber hinaus erlauben Steinbrüche auch den Blick auf das frische Material. Dort, wo an der Oberfläche nur tiefgründig verwittertes Gestein ansteht, ist dies besonders wichtig, denn die Verfügbarkeit von frischen Proben ist für die petrographische und geochemische Analyse unerlässlich. Nur dann können Interpretationen, die auf solchen Daten beruhen, verlässliche Modelle liefern. Deshalb sind viele stillgelegte oder noch betriebene Steinbrüche als Geotope einzustufen. Die Namen der Besitzer oder Betreiberfirmen
werden z.T. bei den einzelnen Geotopbeschreibungen genannt.
Es sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich jeder Besucher vor dem Betreten eines im Abbau befindlichen Steinbruchs bei der Werksleitung anmelden und deren Zustimmung einholen muss.
3 Die Entstehung des Vogelsberg-Vulkanismus
Die Vorstellungen über die Ursachen des Vulkanismus im Vogelsberg sind vielfältig. In den letzten Jahren kamen vermehrt Modelle hinzu, die verschiedene Magmenquellen im Erdmantel mit einbeziehen. Vielfach diskutiert wird dabei der Einfluss eines sogenannten „Hot-Spots“, der sich dadurch äußert, dass heißes Material aus der Asthenosphäre in Form eines „Mantle Plume“ nach oben steigt und dort den „heißen Fleck“ und den Vulkanismus verursacht. Zwei solche Modelle sollen hier kurz vorgestellt werden.
JUNG & MASBERG (1998) erstellten auf der Basis von geochemischen Analysen und Isotopendaten ein Modell der Genese der Vogelsberg-Magmen. Als Mantelquelle nahmen sie einen Granatperidotit an, der wegen einer leichten metasomatischen Veränderung Amphibole enthält. Diese Mantelquelle ist in ihrer Isotopen-Zusammensetzung ähnlich wie die von Ozean-Insel-Basalten oder die von anderen Vulkangebieten in Mitteleuropa und liegt zwischen der Zusammensetzung eines angereicherten Erdmantels und einer Plume-Komponente. Mit Hilfe von Spurenelementdaten konnten sie die Schmelzbildung modellieren und fanden 2–3 % Schmelzgrad für die alkalinen Gesteine und 5–7 % Schmelzgrad für die tholeiitischen Magmen. Die Tholeiite zeigen eine größere Variation in den Isotopendaten, die auf eine Krustenkontamination hindeutet. Diese erfuhren die tholeiitischen Schmelzen, während sie in Magmenkammern in der unteren Kruste zeitweilig stecken blieben, sich abkühlten und dabei fraktionierten.
Den ersten Impuls zum Vulkanismus gab nach diesem Modell das aufsteigende, heiße Asthenosphären-Material, das an der Basis der Lithosphäre in 75–90 km Tiefe die Bildung alkaliner Schmelzen auslöste. Durch Ausdehnung und Verdünnung der Lithosphäre verlagerte sich die Schmelzbildung in geringere Tiefen. Dort wurden die tholeiitischen Magmen gebildet. Der weitere Aufstieg asthenosphärischen Materials führte zu Druckentlastungsschmelzen und förderte alkaline Magmen direkt aus dem Plume.
Das Entstehungsmodell, das BOGAARD et al. (2001) für den Vogelsberg präsentieren, stellt ebenfalls eine interessante Hypothese dar. Sie beruht ähnlich wie das Modell von JUNG & MASBERG (1998) auf der geochemisch-petrologischen Einteilung der Gesteine und auf der Tatsache, dass die Abfolge der Gesteine eine gewisse Regelmäßigkeit zeigt.
Geochronologische Alter wie auch der Geländebefund und die Bohrprofile belegen, dass sich die vulkanische Abfolge in drei Abschnitte einteilen lässt (s.o.). Diese Gruppierung beruht auf unterschiedlichen Phasen der Magmenbildung.
1. Phase:
Heißes Asthenosphären-Material steigt auf, und es kommt zur Schmelzbildung mit geringen Schmelzgraden an der thermischen Grenze an der Basis der Lithosphäre. Diese alkalibasaltischen Schmelzen steigen auf und fraktionieren in Magmenkammern, aus welchen schließlich die differenzierten Magmen gefördert werden. Nur wenige recht primitive
Schmelzen dringen als Laven bis an die Oberfläche.
2. Phase:
In der zweiten Phase kommen zu den Alkalibasalten die Tholeiite hinzu. Diese entstehen dadurch, dass das heiße Asthenosphären-Material weiter nach oben steigt und der Bereich der Schmelzbildung vergrößert wird. Höhere Schmelzgrade aus den oberen Teilen der subkontinentalen Lithosphäre liefern tholeiitische Magmen. Diese bleiben bei ihrem Aufstieg
in großen Magmenkammern an der Kruste-Mantel-Grenze stecken und fraktionieren, bevor sie weiter zur Oberfläche aufsteigen. Die intermediären Tholeiite sind die Produkte solcher Fraktionierungsprozesse, wohingegen die etwa zeitgleichen Alkalibasalte und Basanite ohne nennenswerte Differenziation die Oberfläche erreichten.
3. Phase:
Die letzte Phase ist wiederum gekennzeichnet durch geringe Schmelzgrade. Basanite beherrschen diese Phase, nur untergeordnet kommen Alkalibasalte vor. Letztere stammen aus krustalen Magmenkammern.
Ohne diese Modelle im Detail vergleichen oder bewerten zu wollen bleibt doch festzuhalten, dass damit die wesentlichen Befunde plausibel erklärt werden können. Die zeitliche Verteilung der Vulkanite steht damit im Einklang. Auch die größere Verbreitung der differenzierten Schmelzen zu Beginn der vulkanischen Aktivität passt in dieses Bild, denn ein bedeutender Teil dieser Schmelzen muss bei der Bildung der Tuffe, die in dieser Phase häufig waren, beteiligt gewesen sein. Es besteht auch Einigkeit bei der Bildung der Tholeiite. Diese werden auf höhere Schmelzgrade und eine Schmelzbildung in geringerer Tiefe zurückgeführt. Die meisten Schmelzen der jüngsten Phase sind primitiv und können direkt aus der Asthenosphäre abgeleitet werden. Es sind dies die Basanite mit ihren typischerweise hohen Mg-Werten und ihren hohen Cr- und Ni-Konzentrationen. Die zahlreichen Olivinknollen, die für die Basanite charakteristisch sind, liefern schon im Aufschluss einen Beleg dafür, dass diese Magmen schnell und direkt aus dem Erdmantel stammen.
Um den Vogelsbergvulkanismus zu verstehen, ist auch ein Blick auf die anderen tertiären und quartären Vulkangebiete in Mitteleuropa hilfreich (Abb.5). Es gibt hier eine ganze Reihe von intrakontinentalen vulkanischen Aktivitäten, die sich bereits ab der Oberkreide bemerkbar machten.
Die ältesten Vulkangesteine der Region sind Trachyte aus der obersten Kreide, ca. 70 Ma alt (SCHMITT et al. 2007), die an den nördlichen Ausläufern des Oberrheingrabens (ORG) und östlich davon gefördert wurden. Auch aus dem südlichen Rheingraben bei Freiburg gibt es erste vulkanische Bildungen in Form von basischen Gängen aus dem Paläozän, möglicherweise auch schon aus der späten Kreide.
Im Eozän konzentrierte sich die vulkanische Aktivität auf den nördlichen ORG und die Hocheifel. Im Oligozän lagen die Schwerpunkte der vulkanischen Tätigkeit im Rheinischen Schild und weiter im Osten in der Lausitz, in Böhmen und Niederschlesien. Die Vulkangebiete des Miozäns reichen vom Vogelsberg und der Hessischen Senke über die Rhön bis nach Niederschlesien. Die jüngsten Vulkanausbrüche ereigneten sich vor ca. 10 000 Jahren in der Eifel. Gemeinsam ist diesen Vulkangebieten, dass sie durch einen meist alkalibetonten, kieselsäureuntersättigten Chemismus charakterisiert sind. Der Vogelsberg mit seinem bedeutenden Anteil an tholeiitischen Laven nimmt hierbei eine Ausnahmestellung ein.
Die Modelle zur Entstehung dieser känozoischen Vulkanausbrüche in Mitteleuropa lassen sich vereinfacht in zwei Gruppen unterteilen. Je nachdem, welche Erklärung als Auslöser des Vulkanismus angesehen wird, kann das Hot-Spot-Modell oder die Dynamik der Lithosphäre herangezogen werden. Ohne diese Diskussion detailliert führen zu wollen, sollen doch einige wichtige Argumente angesprochen werden.
Die Lage des Vogelsbergs an den nordöstlichen Ausläufern des Oberrheingrabens legt die Vermutung nahe, dass hier ein Zusammenhang bestehen könnte. Des Weiteren bildet die Hessische Senke mit ihren Vulkaniten die Fortsetzung des Oberrheingrabens nach NE. Da schließlich auch im Oberrheingraben selbst mehrfach Vulkanismus zu beobachten ist, scheint ein ursächlicher Zusammenhang mit den Dehnungskräften in der Erdkruste gegeben.
Schon früh nach der Einführung der Plattentektonik wurden Modelle über einen Hot-Spot unter Mitteleuropa diskutiert. BURKE & DEWEY (1973) schlugen ein Modell vor, das Hot-Spots und Grabenbildungen miteinander vereint. Sie nehmen eine sogenannte „Triple Junction“, die „Frankfurt Junction“, am Nordende des Oberrheingrabens an. Die beiden anderen Zweige zeigen in die Hessische Senke und zur Kölner Bucht. Zwischen solchen durch “Hot-Spots“ verursachten „Triple Junctions“ entstehen im Laufe der weiteren Entwicklung Gräben, die schließlich bis zur Öffnung eines Ozeans führen können (z.B. DEWEY & BURKE 1974, MORGAN 1983 und Referenzen darin). Die Zusammensetzung der Vulkanite in Mitteleuropa lässt sich mit einem solchen Modell in Einklang bringen, die zeitliche und räumliche Verteilung jedoch nicht. Es ist außerdem nicht einfach zu erklären, dass im Vogelsberg, vor allem im östlichen Teil, die herzynische Richtung auch bei der Bildung von Gräben dominiert.
Das Hot-Spot-Modell blieb aber nach wie vor attraktiv, vor allem weil die Zusammensetzung der Vulkanite und ähnliche Gesteinsassoziationen auch von anderen Intraplatten-Vulkangebieten bekannt sind. So ist beispielsweise die Reihenfolge der Vogelsberg-Vulkanite von Alkalibasalt–Tholeiit–Alkalibasalt sehr gut mit der Magmenentwicklung von Hawaii vergleichbar. Die differenzierten Gesteine des Vogelsberges lassen sich im Vergleich zu Hawaii durch die Dicke der kontinentalen Kruste erklären. Problematisch ist das Hot-Spot-Modell angesichts der Altersdatierungen. Das Verfolgen der Spur des Hot-Spots (Hot-Spot-Track) erweist sich als unmöglich, denn die zeitlich-räumliche Verteilung der Vulkanausbrüche
in Mitteleuropa zeigt keinen Trend.
Die Vorstellung von Hot-Spots als Auslöser des Intraplatten-Vulkanismus ist keineswegs unumstritten. TURCOTTE & OXBURGH (1978) diskutierten dies bereits kritisch, und MEYER & FOULGER (2007) lehnen ein solches Modell für Mitteleuropa rundweg ab.
Neue Nahrung erhielt das Hot-Spot-Modell durch das „Eifel-Plume-Projekt“, ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziertes Forschungsprojekt. Als Ergebnis dieser geophysikalischen Untersuchungen konnte ein auf seismischen Daten basierendes tomographisches Bild des Untergrundes gewonnen werden (RITTER et al. 2001, RITTER 2007; Abb. 6). Dabei konnte Material mit geringeren Laufzeiten von Erdbebenwellen im Erdmantel unter der Westeifel identifiziert werden, das von über 600 km Tiefe bis knapp unter die Erdkruste reicht. Diese Laufzeitveringerung wird im Allgemeinenals Folge von erhöhter Temperatur interpretiert. Auch wenn dieser heiße Bereich nicht genau unter den Vulkangebieten der Eifel liegt, so ist ein Zusammenhang doch wahrscheinlich. Als ein für den Vogelsberg interessantes Ergebnis ist ein zweiter nach oben zeigender Ast heißen Materials zu bewerten, der genau unter dem Vogelsberg liegt und bis in 200 km Tiefe nachgewiesen werden konnte. Dies könnte der im Mantel verbliebene Rest eines ehemaligen Hot-Spots sein, bei dem sich der oberste Teil im
Miozän abgetrennt und den Vulkanismus ausgelöst hatte. Offen bleibt die Frage, inwieweit sich der Vogelsberg seit dem Miozän von einem stationären Hot-Spot entfernt hat.
Das heutige Spannungsfeld in Mitteleuropa wird im Wesentlichen geprägt durch den Alpenbogen, der sich von SE vorschiebt und vom Mittelatlantischen Rücken, der von NW drückt. Dies bedingt ein komplexes System von Gebieten mit Kompression, Dehnung oder Seitenverschiebungen. Die dadurch verursachten Zerrkräfte in der Kruste können die tektonischen
Elemente in Mitteleuropa gut erklären, sowohl die Grabenbildungen mit Abschiebungen und Horizontalverschiebungen als auch die Kluftsysteme. Die rezenten Erdbeben sind ebenso ein Spiegelbild dieses Spannungsfeldes. Die im Vogelsberg bei den Vulkaniten beobachtbaren tektonischen Elemente stehen mit dem rezenten Spannungsfeld im Einklang, was bedeutet, dass dieses auch im Miozän schon sehr ähnlich war. Die Dehnung in der Kruste und die damit verbundene Ausdünnung der Lithosphäre führen zum Aufstieg von Asthenosphärenmaterial und damit zu Druckentlastungsschmelzen. Das kann auch den Vogelsberg-Vulkanismus erklären.
Welche Modellvorstellungen nun richtig sind, sei dahingestellt. Betrachtet man den Vogelsberg nur für sich, so sind alle genannten Modelle attraktiv. Will man den tertiären Vulkanismus in Mitteleuropa insgesamt erklären, so ist der ursächliche Zusammenhang mit den in der Erdkruste wirksamen Kräften das überzeugendere Modell.

Abb. 5: Tertiäre Vulkangebiete Deutschlands.

Abb. 6: Dreidimensionale Darstellung des Eifel-Plumes in einem 400 km · 400 km · 400 km großen Modellraum. Die rötliche Anomalie beinhaltet Bereiche mit mindestens 1 % Verringerung der Geschwindigkeit der Erdbebenwellen. Dies entspricht ungefähr einer Temperaturerhöhung von 100 °C (GEO Infoband Vulkaneifel, Herausgeber GEO Zentrum Vulkaneifel und Landkreis Daun, 2002).
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